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Erkenntnisquellen und -arten

In den Prolegomena §1 bennent Kant als Quellen der Erkenntnis Vernunft, Verstand, Erfahrung. Metaphysische Erkenntnis ist Erkenntnis aus reinem Verstande und reiner Vernunft:

Prolegomena Erkenntnis Quellen und Arten"Zuerst, was die Quellen einer metaphysischen Erkenntnis betrifft, so liegt es schon in ihrem Begriffe, daß sie nicht empirisch sein können. Die Prinzipien derselben (wozu nicht bloß ihre Grundsätze, sondern auch Grundbegriffe gehören) müssen also niemals aus der Erfahrung genommen sein: denn sie soll nicht physische, sondern metaphysische, d.i. jenseit der Erfahrung liegende Erkenntnis sein. Also wird weder äußere Erfahrung, welche die Quelle der eigentlichen Physik, noch innere, welche die Grundlage der empirischen Psychologie ausmacht, bei ihr zum Grunde liegen. Sie ist also Erkenntnis a priori, oder aus reinem Verstande und reiner Vernunft."

Prolegomena §2 handelt von der Art von Erkenntnis, der Analyse und der Synthese (Konstruktion) von Aussagen beziehungsweise Urteilen.

"Von dem Unterschiede synthetischer und analytischer Urteile überhaupt"

"Allein Urteile mögen nun einen Ursprung haben, welchen sie wollen, oder auch, ihrer logischen Form nach, beschaffen sein, wie sie wollen, so gibt es doch einen Unterschied derselben, dem Inhalte nach, vermöge dessen sie entweder bloß erläuternd sind, und zum Inhalte der Erkenntnis nichts hinzutun, oder erweiternd, und die gegebene Erkenntnis vergrößern; die erstern werden analytische, die zweiten synthetische Urteile genannt werden können."

"Das gemeinschaftliche Prinzip aller analytischen Urteile ist der Satz des Widerspruchs"

"Denn, weil das Prädikat eines bejahenden analytischen Urteils schon vorher im Begriffe des Subjekts gedacht wird, so kann es von ihm ohne Widerspruch ... nicht verneinet werden, eben so wird sein Gegenteil, in einem analytischen, aber verneinenden Urteile, notwendig von dem Subjekt verneinet, und zwar auch zufolge dem Satze des Widerspruchs."

"Synthetische Urteile bedürfen ein anderes Prinzip, als den Satz des Widerspruchs"

"Erfahrungsurteile sind jederzeit synthetisch."

"... [Kein] Grundsatz der reinen Geometrie [ist] analytisch.

Daß die gerade Linie zwischen zweien Punkten die kürzeste sei, ist ein synthetischer Satz. Denn mein Begriff vom Geraden enthält nichts von Größe, sondern nur eine Qualität. Der Begriff des Kürzesten kommt also gänzlich hinzu, und kann durch keine Zergliederung aus dem Begriffe der geraden Linie gezogen werden."

Beispiel und das Problem damit

Kant bringt selbst Beispiele, an denen man sich in seinen Erläuterungen in den §§ 1 und 2 abarbeiten kann. Ein anaylytisches Urteil a priori sei : "Ein Junggeselle ist ein unverheirateter Mann." Der Satz des Widerspruchs angewendet ergibt: "Ein Junggeselle ist ein verheirateter Mann". Das ist falsch. Bei diesem in Philosophievorlesungen geliebten Beispiel kann es aber kompliziert werden. Vor Jahrhunderten lebten junge Gesellen im Haus des Meisters und waren Kostgänger der Frau des Meisters. Dahinter steht eine Erfahrung und eine damals praktizierte Regel: als junger Geselle kann man nicht verheiratet sein. Also eher ein synthetisches Urteil a posteriori. Damit ist der Charakter der Aussage situativ. A priori meint aber jeder Situation oder Erfahrung enthoben.